Impuls zum Fest des hl. Franziskus

Unser Ordensvater Franziskus lebte im 13. Jahrhundert in einer turbulenten Zeit der Krisen und des gesellschaftlichen Umbruchs.

Er selbst zog als Soldat in den Krieg, um seiner Heimatstadt Assisi zu mehr Ansehen zu verhelfen. Doch er wurde verletzt und gefangengenommen. Auch die Kirche bot kein gutes Bild, korrupte Priester, die ihren Dienst vernachlässigten und Kirchenfürsten, die sich mehr um ihr persönliches Ansehen und ihre Macht kümmerten als um die Menschen, denen sie die frohe Botschaft verkünden und die Sakramente spenden sollten.
Ist das nicht zum Verzweifeln?

Heute erleben wir etwas Ähnliches. Sinnlose Kriege werden geführt. Der russische Staatschef meint, seine Macht zu stärken, wenn er mit Waffen die Ukraine erobern will und dabei in Kauf nimmt, dass viele Menschen ihr Leben verlieren und ihre Heimat verlassen müssen. Er bringt dabei sogar das gesellschaftliche System des Westens zum Wackeln, indem unsere Wirtschaft schwächt und damit die Preise so weit in die Höhe treibt, dass viele Menschen sich das normale Leben nicht mehr leisten können.
Mit unserer Kirche steht es heute auch nicht viel besser. Wir sind tief enttäuscht über die Priester und pastoralen Mitarbeiter, die ihre Macht ausnutzen, um Kinder zu schädigen und zu missbrauchen für ihre Wünsche und Bedürfnisse. Die Kirche braucht dringend Reformen, um wieder für die Menschen da zu sein, sie in den Mittelpunkt zu stellen. Nicht alle haben das bereits erkannt, sonst würden wir uns nicht so schwertun mit dem synodalen Weg, der Antworten auf die Fragen unserer Zeit sucht.
Viele gute Christen und Christinnen haben die Geduld mit der Kirche verloren und wenden ihr den Rücken zu. Seit einigen Jahren erleben wir eine große Kirchenaustrittswelle, die noch nicht zu Ende ist. Was wir gebrauchen, ist eine Kircheneintrittswelle von geistbeseelten Menschen, die um Gottes willen für die Menschen da sind und die sich dem Wirken des Geistes überlassen. So schaffen sie eine neue Kirche, die den Menschen dient.
Ob wir dazugehören?

Franziskus ist zu seiner Zeit nicht aus der Kirche ausgetreten. Er hat nicht resigniert, sondern die Kirche wieder aufgebaut – zuerst das kleine Kirchlein in San Damiano und damit den Grundstein gelegt für die Reform der großen Kirche. Sogar dem Papst hat er den Spiegel vorgehalten und durch seinen bedingungslosen Einsatz für die leidenden Menschen die Kirche erneuert.
Um im Heiligen Land Frieden zu schaffen zwischen den Christen und den Muslimen, hat Franziskus sich nicht den Kreuzzügen angeschlossen, sondern er ist zum Sultan gegangen und hat mit ihm geredet. Überzeugen konnte er ihn zwar nicht, aber ihn so beeindrucken, dass der Sultan Franziskus gebeten hat, für ihn zu beten.

So lernen wir von unserem Ordenspatron, dass das Gebet eine große Macht hat. Diese Macht können wir heute einsetzen, damit es mehr Frieden auf der Welt gibt, dass die Kirche mit neuen Antworten auf die Herausforderungen der Zeit mutig in die Zukunft geht und damit wir die Menschen nicht aus dem Blick verlieren, die unsere Hilfe gebrauchen.

In diesem Sinn wünsche ich allen auch ein gesegnetes Franziskusfest!

Friede und Gutes -pace e bene – pax et bonum – peace and good

Schwester M. Diethilde

Provinzoberin