12.07.2016
Franziskanerinnen verlassen den Stift Tilbeck, WN Bericht

Keine Schwestern mehr in Tilbeck „Vor Gott sind alle Menschen gleich“

 

Generalvikar Dr. Norbert Köster (Mitte) zelebrierte den Gottesdienst in der Tilbecker Kapelle. Foto: Bettina Laerbusch

Havixbeck – 

Bewohner und Mitarbeiter im Stift Tilbeck haben zusammen mit vielen Gästen aus Kirche und Politik feierlich „ihre“ Franziskanerinnen verabschiedet.

Von Bettina Laerbusch

Die Sonne ließ die bunten Kirchenfenster der Tilbecker Kapelle erstrahlen, wie es kein künstliches Licht dieser Welt vermocht hätte. Der ganze Kirchenraum war mit Fröhlichkeit gefüllt – obwohl der Anlass, den Besucher, Bewohner und Mitarbeiter am Dienstagmorgen in dieser wunderbaren Kirche zusammengeführt hatte, ganz sicher kein fröhlicher war: Nach fast 120 Jahren wurde am 12. Juli 2016 der Tilbecker Schwersternkonvent aufgelöst. Offiziell. Und endgültig.

„Ich glaube, das ist heute ein ganz trauriger Tag“, sprach Generalvikar Dr. Norbert Köster im Gottesdienst aus, was jeder in der Kirche fühlte. Doch es gelang Köster ganz schnell, denjenigen, die bleiben (Bewohner und Mitarbeiter), und denjenigen, die aus Altersgründen gehen müssen, Mut zu machen. Im Lukas-Evangelium war zuvor von den Fischern, deren Netze einfach leer bleiben, die Rede. Gott ruft sie auf, trotz der Dunkelheit das Netz noch einmal auszuwerfen – und es füllt sich. Das, was im Stift Tilbeck jetzt passiere, sei „ganz typisch für die gesamte Kirche“, sagte Köster. Und er fügte mit sehr viel Zuversicht in der Stimme hinzu: „In dieser Zeit müssen Netze neu ausgeworfen werden.“

Den ersten und stärksten Applaus des Tages gab es, als Norbert Köster direkt im Anschluss an seine Predigt die versammelten Gottesdienstteilnehmer dazu auffordert, zu klatschen, „als Dank“ für die Franziskanerschwestern. „Ohne die Schwestern gebe es Stift Tilbeck nicht.“ Laut war der Applaus, lange dauerte er an – und er kam aus den Herzen. Mehrere Bewohner waren als Messdiener im Einsatz, und auch die Lesung trug eine Bewohnerin vor: Monika Egold.

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Foto: Bettina Laerbusch

Vier Schwestern leben zurzeit noch in Tilbeck, sie werden innerhalb der nächsten 14 Tage Tilbeck verlassen und in andere Konvente gehen. Über 20 Ordensfrauen bereicherten aber das Abschiedsfest, unter ihnen Schwester Dietmara, die als Zahnärztin im Stift tätig war. „Viele Schwestern im Ruhestand haben noch Kontakt zu Bewohnern und Angehörigen“, unterstrich Schwester Herbertis, Provinzoberin der Franziskanerinnen Münster-Mauritz, die tiefen Bindungen, die die Schwestern nach wie vor zum Stift und zu den Menschen dort haben. Der Abschied müsse jetzt leider sein – aus Altersgründen.

Von einer Zäsur sprach Schwester Engelhardi, Leiterin des Konventes Stift Tilbeck. Bernward Jacobs, noch bis September Geschäftsführer, sprach sichtlich bewegt von einer „Ära, die zu Ende geht“. Die eine oder andere Träne deutete sich an, als zum Sonnengesang des heiligen Franziskus Fotos der Schwestern aus vielen, vielen Jahrzehnten an die Wand projiziert wurden. Die Festgemeinde sah die Schwestern mit Kindern auf dem Arm, bei der Behandlung von Kranken, beim Flicken eines Fahrradreifens (zu Dritt), im Garten oder beim Karnevalfeiern. Ludwina Wilken, Mitglied des Mitarbeiterteams in Tilbeck, hatte die „Szenen der Erinnerung“ zusammengestellt – und bekam zum Dank einen Blumenstrauß von Thomas Kronenfeld, der zusammen mit Ruth Meyerink die Geschäftsführung zum 1. Juli übernommen hat. Ruth Meyerink überreichte jeder Schwester eine rote Rose.

„Vor Gott sind alle Menschen gleich – deshalb begrüße ich niemanden namentlich“, hatte Tilbeck-Seelsorger Hermann Kappenstiel zu Beginn des Gottesdienst fröhlich gesagt. Er hätte zum Beispiel Landrat Christian Schulze Pellengahr nennen können oder Havixbecks langjährigen Bürgermeister Klaus Gottschling oder auch dessen Nachfolger Klaus